Was ist ein Aus­schreibungs-Verfahren?

So organisieren Sie Ihr Aus­schreibungs­verfahren

So organisieren Sie Ausschreibungs- und Vergabeverfahren für Leistungen im Krankenhaus

In Deutschland ist ungefähr ein Drittel der Krankenhäuser in kommunaler und damit öffentlicher Hand und unterliegt somit, wie alle öffentlichen Auftraggeber, der Ausschreibungspflicht. Die Einführung der Vergabeordnung hat einen enorm großen wirtschaftlichen Einfluss und stellt für viele Unternehmen einen bedeutenden budgetären Vorteil dar.

Was ist ein Ausschreibungsverfahren und was müssen Sie dabei beachten?

Unter einem Ausschreibungsverfahren versteht man grundsätzlich die Veröffentlichung einer Bekanntmachung über die  Vergabe von Dienst-, Liefer-, oder Bauleistungen. Öffentliche Auftraggeber unterliegen einer grundsätzlichen Ausschreibungspflicht. Das bedeutet, dass alle geplanten Güter- und Produkt- sowie Dienstleistungsbeschaffungen publiziert werden müssen. Dies gilt zunächst ab einem Netto-Auftragswert von 209.000 Euro für Liefer- und Dienstleistungen und 5.225.000 Mio. Euro für Bauleistungen. Ab dieser Grenze müssen die Aufträge grundsätzlich EU-weit ausgeschrieben werden.

Gesetzlich ist diese Pflicht in der Vergabeverordnung (VgV) geregelt. Diese beschreibt das grundsätzliche Vorgehen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Sie wurde im April 2016 komplett reformiert und steht auf zweiter Ebene des deutschen Vergaberechts, hinter dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB). Mit dieser Reform im April 2016 ist die Anwendbarkeit der Vergabe- und Vertragsordnungen für Leistungen (VOL/A), Abschnitt 2, sowie die Vergabeverordnung für freiberufliche Leistungen entfallen.

Die Vergabeverodnung regelt unter anderem die Kommunikation zwischen Bietern und öffentlichen Auftraggebern, die Verfahrensarten, die Anforderungen, die an die Bieter gestellt werden dürfen, die Art und Form der Einreichung von Teilnahmeanträgen und Angeboten (insbesondere im Hinblick auf die elektronische Vergabe, die zwingend sukzessive eingeführt wird), die Prüfung und Wertung der Teilnahmeanträge und Angebote sowie die Dokumentationspflicht des gesamten Vergabeverfahrens. Die teilnehmenden Unternehmen haben einen einklagbaren Rechtsanspruch bezüglich der ordnungsgemäßen Durchführung des Vergabeverfahrens. Da bei der Durchführung eines Ausschreibungs- und Vergabeverfahrens somit viele rechtliche Modalitäten beachtet werden und standardisierte Vorgehensweisen eingehalten werden müssen, unterstützen wir Sie gerne bei der Durchführung Ihres Vergabeverfahrens und etwaigen Vertragsverhandlungen.

Welche Arten von Vergabeverfahren gibt es?

Befindet sich das Krankenhaus in privater oder konfessioneller Trägerschaft, ist eine Ausschreibung nicht verpflichtend. Hier nutzt man eher das Markterkundungsverfahren, um geeignete Auftragnehmer zu finden. Das bedeutet ausschreibende Krankenhaus holt sich unverbindliche Angebote von mehreren Anbietern ein und vergleicht diese, wie es auch ein Privatmann tun würde. Hierbei muss das Vorhaben nicht öffentlich ausgeschrieben und das Auswahlverfahren kann individuell durchgeführt werden.
Im Falle eines öffentlichen Trägers sieht der Vorgang jedoch eine offizielle Ausschreibung vor. Man unterscheidet hier zunächst zwischen Vergabeverfahren unterhalb des Schwellenwertes und solchen, die diesen überschreiten. Für unterschwellige Aufträge (diese machen ca. 90 % der Auftragsvergaben aus) gilt nur nationales Recht (jeweiliges Haushaltsvergaberecht VOL/A, Abschnitt 1 bzw. die Unterschwellenvergabeverordnung, die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - VOB/A, 1. Abschnitt sowie die Landesvergabegesetze). Dabei ist je nach Bundesland bzw. im Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit das Krankenhaus in öffentlicher Trägerschaft auch bei unterschwelligen Aufträgen einer Ausschreibungspflicht unterliegt. Bei oberschwelligen Aufträgen besteht eine grundsätzliche Ausschreibungspflicht. Die oberschwelligen Vergabeverfahren unterteilen sich in das klassische offene Verfahren und die weniger häufigen Vorgehensweisen, nicht-offenes Verfahren, Verhandlungsverfahren und wettbewerblicher Dialog sowie Innovationspartnerschaft. Seit April 2016 haben öffentliche Auftraggeber ein freies Wahlrecht zwischen dem offen und nicht offenen Verfahren. Beim offenen Verfahren wird der Auftrag öffentlich ausgeschrieben und eine uneingeschränkte Zahl von Bietern hat die Möglichkeit sich als Auftragnehmer zu bewerben. Beim nicht-offenen Verfahren muss zunächst ein öffentlicher Teilnahmewettbewerb vorausgehen, in dem die Bewerber ihre Eignung für die Auftragsausführung nachweisen müssen. Nur die geeigneten Bewerber werden sodann aufgefordert, ein Angebot einzureichen. Die Anwendung der drei eher seltenen Fälle des Verhandlungsverfahrens, des wettbewerblichen Dialogs sowie Innovationspartnerschaft ist streng eingegrenzt. Beim Verhandlungsverfahren unterscheidet man noch einmal zwischen den beiden Varianten mit und ohne vorangehender öffentlicher Vergabebekanntmachung (Teilnahmewettbewerb). Letzteres ist nur dann möglich, wenn beispielsweise aufgrund von Patentrechten nur ein einziger Dienstleister in Betracht gezogen werden kann. Im wettbewerblichen Dialog hingegen geht es im ersten Schritt zunächst darum, im Gespräch zwischen Auftraggeber und potentiellen Bewerbern den eigentlichen Gegenstand des Auftrags herauszuarbeiten, um im zweiten Schritt die Angebote einzuholen. Die mit der Vergaberechtsreform im April 2016 neu eingeführte Innovationspartnerschaft dient für die Vergabe von Leistungen, die es bislang auf dem Markt nicht gibt.
Die verschiedenen Vergabeverfahren sollen einen Kompromiss zwischen Auftraggebern und -nehmern darstellen. Einerseits soll jedes Unternehmen die Möglichkeit haben, an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen, andererseits soll es den ausschreibenden Kliniken nicht unnötig schwer gemacht werden geeignete Dienstleister, Hersteller und Systempartner zu finden. Hierfür sorgen die einzelnen Ausnahmeregelungen.

Formaler Ablauf eines Ausschreibungsverfahrens

Als Vorbereitung eines Ausschreibungsverfahrens müssen zunächst der Bedarf und die geschätzten Kosten ermittelt werden. Zudem wird die Art des Verfahrens ausgewählt, Vergabeunterlagen (einschließlich Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie die Leistungsbeschreibung) sowie die Bekanntmachung erstellt. Mit Veröffentlichung der Bekanntmachung  beginnt das eigentliche Ausschreibungsverfahren, das im Folgenden übersichtlich zusammengefasst wird.

      1. Erstellen der Angebote: Innerhalb einer angemessenen Angebotsfrist, die von der Vergabestelle festgelegt wird (beim offenen Verfahren mindestens 35 Tage), liegt es an den Bietern ihre Angebote vorzubereiten und schließlich fristgerecht beim potentiellen Vertragspartner einzureichen.
      2. Formelle Angebotsprüfung: Während dieser Phase werden die Angebote auf formale Mängel geprüft. Dazu zählen beispielsweise:
        • Laut Poststempel verspätete Angebote
        • Nicht ordnungsgemäß verschlossene oder gekennzeichnete Angebote
        • Fehlende Unterschriften
        • Zweifelhafte Angaben des Bieters
        • Mehrfache Beteiligungen eines Unternehmens an der Ausschreibung
        • Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns
      3. Eignungsprüfung des Bieters: In dieser Phase werden die Bieter hinsichtlich ihrer Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung, ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit und ihrer technischen und beruflichen Kompetenzen anhand der vorab bekannt gemachten Eignungskriterien bewertet.
      4. Richtigkeit des Angebots: Dieser Schritt beinhaltet die rechnerische Überprüfung der Angebote. Dazu zählt vor allem die genauere Betrachtung besonders günstiger Preise, um die Gefahr einer Insolvenz einzuschätzen.
      5. Wirtschaftlichkeit des Angebots: Letztlich bewertet die Vergabestelle die Angebote gemäß den ebenfalls vorab bekannt gemachten Zuschlagskriterien (bestes Preis-Leistungs-Verhältnis).
      6. Ist die Vergabeentscheidung über die Annahme beziehungsweise Ablehnung der Angebote schließlich gefallen, informiert die Vergabestelle die Bieter. Daraufhin folgt eine 10-tägige Stillhaltefrist innerhalb derer die nicht berücksichtigten Bieter das Verfahren noch angreifen können. Wird kein Nachprüfungsantrag gestellt und von der Vergabekammer an die Vergabestelle übermittelt, erteilt die Vergabestelle dem erfolgreichen Bieter den Zuschlag.

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Daniel Nilles, Leitung Projektmanagement

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