Notaufnahmen am Limit

Neue Konzepte zur Notfallversorgung sorgen für Entlastung der Krankenhäuser

Notaufnahme-im-Krankenhaus

Für viele Menschen ist die Notaufnahme des nächsten Krankenhauses die erste Anlaufstelle bei akuten medizinischen Problemen. Auch wenn sie nur Bagatellkrankheiten aufweisen und beim Haus- oder Bereitschaftsarzt besser aufgehoben wären. Sowohl durch diese Fehleinschätzung auf Patientenseite als auch durch die eingeschränkten Öffnungszeiten der Hausarztpraxen sind die Notaufnahmen häufig überfüllt. Daraus resultieren lange Wartezeiten und Kapazitäten für tatsächliche Notfälle werden blockiert.

Wie ist die Notfallversorgung eigentlich geregelt?

Die Ausgestaltung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes regeln die jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen der Bundesländer individuell. Generell ist für dringliche, aber nicht akut lebensbedrohliche Fälle, der ärztliche Notdienst zuständig. Dieser Bereitschaftsdienst wird durch niedergelassene Ärzte - meist Allgemeinmediziner - außerhalb der regulären Sprechzeiten gestellt. Welcher Arzt gerade Dienst hat, erfahren Patienten über die bundesweit einheitliche Telefonnummer 116117. Zur Ausgestaltung dieses Bereitschaftsdienstes gibt es verschiedene Ansätze - teils gibt es zentrale Praxiseinrichtungen, teils gehen die Patienten in die jeweilige Hausarztpraxis.

Neue Konzepte zur Organisation des ärztlichen Bereitschaftsdienstes

Das Fehlen klarer und einheitlicher Regelungen, Definitionen und Zuständigkeiten führt zur Unsicherheit bei Patienten und zur Überlastung der Notfallambulanzen in den Krankenhäusern. Deshalb werden die Rahmenbedingungen für den ärztlichen Bereitschaftsdienst bundesweit überarbeitet. Ziel dabei ist stets die engere Verzahnung und Zusammenarbeit von niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern.

  • Notfallpraxis

Notfallpraxen oder Notdienstpraxen sind für die ambulante medizinische Versorgung von Patienten außerhalb der Sprechstundenzeiten zuständig und sollen den fahrenden Bereitschaftsdienst und die Rettungsstellen der Krankenhäuser entlasten. Der ärztliche Bereitschaftsdienst ist hier in einer eigens dafür eingerichteten Praxis verfügbar. Diese ist in der Regel an einen Krankenhausstandort angegliedert, sodass die hier vorliegende Infrastruktur mitgenutzt werden kann. Die solchermaßen geführten Praxen werden dann abwechselnd von den jeweils diensthabenden Kassenärzten besetzt, die nun anders als früher den Notdienst dort an zentraler Stelle und nicht mehr in den eigenen Praxisräumen verrichten.

  • Portalpraxis

Unter Portalpraxis versteht man eine zentrale Anlaufstelle im Krankenhaus, die der Notaufnahme vorgelagert ist. Hier wird zunächst der Behandlungsbedarf eines Patienten von medizinischem Personal beurteilt. Der Patient wird anschließend entweder in die Notfallambulanz des Krankenhauses oder in eine Bereitschaftspraxis weitergeleitet - zu regulären Sprechstundenzeiten ggf. auch in eine niedergelassene Arztpraxis außerhalb des Krankenhauses.

Telefonische und digitale Patientensteuerung

  • Telefontriage

Triage bezeichnet die medizinische Ersteinschätzung von Patienten. Sie wird dann nötig, wenn eine große Zahl von Menschen ärztliche Hilfe braucht, weshalb man nach Schwere der Krankheit priorisieren muss. Unter der 116117 soll diese Form der Ersteinschätzung bzw. -beratung von Fachärzten zunehmend auch telefonisch durchgeführt werden. Dabei erfragen sie mündlich, teilweise auch anhand wissenschaftlich validierter Fragebögen, die Beschwerden der Patienten und können so einschätzen, welche Form der Behandlung individuell nötig ist - beim Hausarzt, ambulant in einer Notdienstpraxis oder in der Notaufnahme. In Berlin haben im vergangenen Jahr bereits 40.000 Anrufer im Zuge dessen die fachärztliche telefonische Beratung genutzt. Rund 75 Prozent von ihnen konnten von den Fachärzten ausreichend beraten werden, sodass keine weitere direkte Behandlung notwendig war.

  • Apps

Apps für die Notfallversorgung können ebenfalls von großem Nutzen sein. Die KV Hessen startete beispielsweise schon Ende 2016 die App des ärztlichen Bereitschaftsdienstes. Mit ihr können Patienten auf einer Karte ÄBD-Zentralen inklusive Anschrift und Öffnungszeiten finden und sich außerdem mit dem ÄBD telefonisch verbinden lassen.

  • Online-Beratung

In die gleiche Richtung wie Telefontriage und Apps geht der Zweck einer Online-Beratung. Diese könnte sowohl im schriftlichen Chat als auch über einen Videochat mit medizinisch geschultem Personal erfolgen. Somit könnten Fachärzte auch hier durch die Ersteinschätzung und -beratung feststellen, wie dringend die Anliegen der Patienten sind und ihnen die weitere Vorgehensweise erläutern.

Beispiel: Berlin

Besonders in Deutschlands Hauptstadt ist die Situation in den Notaufnahmen der Krankenhäuser zugespitzt. 30 Krankenhäuser nehmen hier an der Notfallversorgung teil und behandeln pro Jahr 1,2 Millionen Rettungsfälle. Allerdings wäre bei bis zu 70 Prozent der Patienten eine ambulante Versorgung ausreichend. Bereits 2016 wurde deshalb am Unfallkrankenhaus Berlin die erste Notdienstpraxis eingerichtet. Acht weitere sind geplant, eine davon am Jüdischen Krankenhaus in Berlin-Wedding (JKB), welche am 2. April 2018 eröffnet wurde. Am JKB nutzen jährlich rund 19.000 Patienten die Notfallambulanz als Anlaufstelle für akute medizinische Anliegen, aber nur 7.000 von ihnen werden anschließend stationär behandelt. Umgerechnet würde auch hier somit für über 60 Prozent der dort versorgten Patienten die Behandlung durch einen niedergelassenen Arzt in einer Notfallpraxis ausreichen. Um dieses Problem zu lösen, wird die neu eröffnende Notdienstpraxis am JKB als Portalpraxis laufen: Alle Patienten, die die Notaufnahme zu Fuß aufsuchen, werden zuerst von den Kassenärzten beurteilt und anschließend entweder ambulant in der Praxis versorgt oder in die Notaufnahme weitergeleitet.

Neue Wege der Notfallversorgung mit gezielter Informationspolitik

Es gibt viele interessante Modelle, um die Organisation des ärztlichen Bereitschaftsdienstes zu verbessern und die Notaufnahmen der Krankenhäuser zu entlasten. Das Berliner Beispiel, mit einer am Krankenhausstandort angegliederten Bereitschaftspraxis, ist ein guter Ansatz und wird so oder ähnlich auch in anderen Bundesländern (zum Beispiel in Bayern) ausgeführt. Neben der Reorganisation mit dem Ziel einer besseren Kooperation zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten, ist aber auch eine fundierte Informationspolitik und Aufklärung der Patienten vonnöten, um diese von vornherein an die richtige Anlaufstelle zu vermitteln.

Sie möchten sich zur Situation in Ihrer Notaufnahme austauschen oder interessieren sich für Lösungen in Bezug auf Medizintechnik in der Notfallambulanz?

Gerne informieren wir Sie. Melden Sie sich gerne bei uns unter der +49 69 / 7079816-0 oder unter info@lenus.de.

Daniel Nilles, Leitung Projektmanagement

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